Halbjahresbilanz: Ein schwarzer Schwan im Weißen Haus

Ein paar Gedanken zu dem sehr anstrengenden ersten Börsenhalbjahr und wie es im zweiten Halbjahr weitergehen könnte.

Sascha Mohaupt

6/30/20252 min lesen

Halbjahresbilanz: Ein schwarzer Schwan im Weißen Haus

Das erste Halbjahr 2025 zählte nach dem Corona-Crash-Jahr 2020 zu den volatilsten und anstrengendsten der vergangenen Jahrzehnte. Nach einem guten Start ins neue Jahr machten sich zwischenzeitlich Angst und Panik unter Anlegern breit und ließen vor allem die US-Aktienindizes wie ein Stein zu Boden sinken.

Im zweiten Quartal folgte eine starke Erholungsbewegung, die die meisten Indizes (zumindest ohne Berücksichtigung der Wechselkurse aus Sicht von Anlegern aus dem Euroraum) wieder ins Plus hievten.

Störfeuer aus dem Weißen Haus

Der Hauptgrund für den ganzen Stress sitzt im Weißen Haus. US-Präsident Donald Trump lieferte ein Paradebeispiel dafür, wie man Anleger verunsichert. Gleich zu Beginn seiner zweiten Amtszeit entpuppte er sich als eine Art „schwarzer Schwan“, also ein seltenes, unvorhersehbares Ereignis, mit zumindest zeitweise verheerenden Auswirkungen auf Wirtschaft und Börse.

Die vollkommen überraschende Ankündigung der „reziproken“ Zölle sorgte für Schockwellen auf den Finanzmärkten. Zahlreiche Aktien verloren zweistellig an Wert, im zuvor stark gelaufenen Technologiesektor halbierten sich sogar bei einigen Werten die Kurse.

In den Wochen danach gab es regelmäßig politische Kehrtwenden, sodass das Unsicherheitsniveau hoch blieb – zulasten der Börsenkurse. Erst als die Anleihenmärkte Probleme signalisierten, musste Donald Trump den Fuß vom Aggressionspedal nehmen, was auch am Aktienmarkt mit Erleichterung aufgenommen wurde.

Ängste vor Rezession und Inflation

Zwischenzeitlich wurden die Märkte auch von der Sorge vor einer Rezession erfasst. Vor allem die schwächelnde Industrieproduktion sowie das zeitweise schwache Verbrauchervertrauen sorgten hier für Unsicherheiten. Hinzu kamen Inflationssorgen aufgrund von Preisaufschlägen durch die Zölle. Mittlerweile sind auch diese Ängste wieder etwas abgekühlt, was den Weg für die starke Erholungsbewegung im zweiten Quartal freigemacht hat.

Der KI-Boom war die treibende Kraft an der Börse

Sektorspezifisch war der KI-Boom auch im ersten Halbjahr das dominierende Thema. Aktien von Profiteuren des KI-Booms zogen massive Kapitalströme an, was die Konzentration der Marktkapitalisierung in wenigen großen Technologieunternehmen weiter verstärkte.

KI wurde von den Anlegern als struktureller Wachstumstreiber wahrgenommen, der eine gewisse Immunität gegenüber breiteren makroökonomischen und geopolitischen Turbulenzen bietet. Im Gegensatz dazu hatten traditionell stabile Sektoren wie Energie und Gesundheitswesen mit spezifischen Herausforderungen zu kämpfen.

Privatanleger gewinnen an Bedeutung

Ein interessantes Detail zum Markt: Privatanleger waren in den ersten sechs Monaten 2025 so aktiv an der Börse wie nie zuvor – zumindest in den USA, wo es diesbezüglich Statistiken dazu gibt: In den USA wurde ein Rekordwert von 6,6 Bio. US-Dollar von privater Seite gehandelt.

Ausblick auf das zweite Halbjahr

Das zweite Halbjahr 2025 wird voraussichtlich weiterhin von einer Mischung aus geopolitischen Entwicklungen, makroökonomischen Anpassungen und technologischen Fortschritten geprägt sein. Grundsätzlich positiv sehe ich, dass die Auswirkungen von neuen Handelsstreitigkeiten zuletzt abgenommen haben, erwarte aber trotzdem eine überdurchschnittliche Volatilität.

Weiteres Kurspotenzial ergibt sich vor allem durch die Aussicht auf ein Ende der Handelsstreitigkeiten und den Beginn eines Zinssenkungszyklus in den USA.

Dem stehen allerdings auch eine Reihe von Risiken gegenüber: Eine mögliche globale Wachstumsschwäche, ein Wiederaufflammen der Handelsstreitigkeiten, höher als erwartete Inflation (verbunden mit einer Verschiebung der eingepreisten Zinssenkungen) und geopolitische Unsicherheiten (deren Einfluss auf die Märkte zuletzt deutlich abgenommen hat).

Es bleibt also spannend. Ich gehe davon aus, dass Anleger mit erfolgreichem Stockpicking den breiten Markt auch im zweiten Halbjahr deutlich übertreffen können.

Rechtlicher Hinweis: Diese Informationen stellen keine Anlageberatung oder Aufforderung zum Kauf oder Verkauf von Wertpapieren dar. Für Richtigkeit und Vollständigkeit sowie für eventuelle Vermögensschäden wird keinerlei Haftung übernommen.